Vizepräsident des Landtages von Sachsen-Anhalt
Sehr geehrte Damen und Herren,
es ist mir eine außerordentliche Freude, als Landtagsvizepräsident an der heute stattfindenden Gründungsveranstaltung des Vereins TOLL e.V. – Toleranz lernen und leben – teilnehmen und ein Grußwort an Sie richten zu dürfen. Ich möchte es natürlich auch nicht versäumen, Ihnen die besten Grüße und Wünsche der Landtagspräsidentin Frau Brakebusch auszurichten, die am heutigen Tage leider terminlich verhindert ist.
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
Ihr Engagement ist für unser Land wichtig.
Sie gründen einen Verein, der den Zweck verfolgt, Flüchtlingen und Migranten, aber besonders Kindern, Jugendlichen und Familien bei der Integration in Sachsen-Anhalt zu unterstützen und zu helfen.
Ihr Verein ist partei- und religionsübergreifend, offen für alle Kulturen und für jeden, also sowohl für Einheimische als auch für Migranten. Gerade in den ersten Monaten ist es für Flüchtlinge und Migranten besonders wichtig, Sicherheit und Kontinuität in ihr neues Leben zu bringen.
Hier geben Sie eine wichtige Lebenshilfe und verfolgen nur einen guten Zweck: Sie wollen und werden den Menschen, die zu uns gekommen sind, mit Ihrer ehrenamtlichen Arbeit dabei helfen, Integrationsbarrieren abzubauen.
Besonders wichtig ist natürlich die von Ihnen angebotene Vermittlung von Sprachkompetenz. Dies ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.
Sie werden aber auch Gesprächsrunden anbieten, um die zu uns gekommenen Menschen mit den Grundlagen unseres Gemeinwesens vertraut zu machen, Freizeitaktivitäten in dem zum Teil sehr eintönigen Leben von jungen Flüchtlingen anbieten, für eine gemeinsame Freizeitgestaltung Sorge tragen, Kontakte zu Kultur- und Sportvereinen vermitteln und nicht zuletzt ein Deeskalationstraining für Jugendliche anbieten. Auch die gemeinsame Vereinsarbeit wird für die Integration förderlich sein.
Ihr Engagement, für das Sie nicht nur Ihre Zeit, sondern auch Ihre finanziellen Mittel opfern, ist keine Selbstverständlichkeit. Denn ohne die Menschen, die Bereitschaft dazu zeigen, sich für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben der zu uns gekommenen Menschen einzusetzen und Verantwortung zu übernehmen, wird kulturelle Vielfalt von der Gesellschaft nicht als das empfunden was sie ist, nämlich als Bereicherung.
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
wenn wir über den guten Zweck des TOLL e.V. sprechen, kommen wir natürlich auch nicht umhin, das besondere Engagement der Vorsitzenden, Juliana Louisa Gombe, die das Konzept des Vereins maßgeblich entwickelt hat, zu würdigen.
Sie, liebe Frau Gombe, sind nach einem Studium in der Ukraine und Ihrer Tätigkeit für das Finanzministerium in Angola 1996 nach Deutschland gekommen. In Angola haben Sie ehrenamtlich zusammen mit Mitstreitern Korruption und Ungerechtigkeiten in der Gesellschaft angeprangert. Dadurch gerieten Sie in Gefahr und mussten fliehen.
Nach Ihrem Aufenthalt in der „Zentralen Anlaufstelle für Asylbewerber“ in Halberstadt haben Sie Ihr Studium der Bildungswissenschaften in Magdeburg erfolgreich abgeschlossen und arbeiten nunmehr im Jugendmigrationsdienst des Internationalen Bundes.
Sie wissen aufgrund Ihrer ganz persönlichen Erfahrungen am besten, wie es ist, in Deutschland neu anzukommen.
Sie haben es sich zur Aufgabe gemacht, Flüchtlingskindern und Familien zu helfen, sich in einer für sie fremden Welt zurechtzufinden.
Für Ihren unermüdlichen Einsatz für ausländische Kinder und Jugendliche wurden Sie bei der Volksstimme-Umfrage zum „Magdeburger des Jahres“ im Jahr 2014 auf den zweiten Platz gewählt. Im letzten Jahr wurden Sie von der Bundesregierung als Botschafterin für Demokratie und Toleranz in Berlin geehrt.
Vielleicht, und darauf hoffe ich natürlich, werden Sie beim Deutschen Engagementpreis 2016 (hierfür nominiert) und bei der European Social Innovation Competition (Teilnahme ist erfolgt) eine besondere Ehrung erfahren. Verdient haben Sie es!
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
ich möchte nunmehr die Gelegenheit nutzen, um mit einer Forderung abzuschließen.
Unsere Demokratie lebt von der Achtung der Menschenwürde, dem Respekt gegenüber Andersdenkenden und der Wertschätzung für die Vielfalt der Kulturen und Weltanschauungen.
Setzen wir uns gemeinsam dafür ein, dass unser Sachsen-Anhalt liebenswert, lebenswert, weltoffen und tolerant bleibt!
Ich wünsche Ihnen für die Gründungsveranstaltung, aber auch für das an diesem Samstag ab 11.00 Uhr im Elbauenpark direkt neben der Seebühne in Magdeburg stattfindende Familienbegegnungsfest bestes Gelingen.
Vielen Dank für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit.
Susi Möbbeck,
Staatssekretärin im Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration Sachsen-Anhalt
Sehr geehrter Herr Landtags-Vizepräsident,
sehr geehrte Abgeordnete,
sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
liebe Juliana Gombe,
liebe Engagierte und Gäste,
herzlichen Dank für die Möglichkeit, auf der Gründungsveranstaltung Ihres sympathischen Vereins „Toleranz lernen und leben“ – TOLL e.V. – zu Ihnen und Euch sprechen zu dürfen.
Gestern hat die Bundesregierung ihren Bericht zum Stand der Deutschen Einheit veröffentlicht. Darin heißt es: „Ostdeutschland wird nur als weltoffene Region, in der sich alle dort lebenden Menschen zu Hause fühlen und am gesellschaftlichen Leben teilhaben, gute Entwicklungsperspektiven haben.“ Dem kann ich nur zustimmen. Wir brauchen Weltoffenheit und Vielfalt, um unser Land kulturell, sozial und wirtschaftlich weiter entwickeln zu können.
Sachsen-Anhalt hat allein seit 1990 rund 700.000 Menschen verloren. Wir brauchen also Menschen, die neu nach Sachsen-Anhalt kommen, um hier zu leben, zu lernen und zu arbeiten. Und angesichts dieser Zahlen sind rund 35.000 Geflüchtete die im letzten Jahr in Sachsen-Anhalt aufgenommen worden sind, ganz sicher keine Überforderung. Das bleibt auch richtig, obwohl es viele Menschen in Sachsen-Anhalt gibt, die sich überfordert fühlen, die Ängste und Abwehr entwickeln und die für rechte Hassparolen anfällig sind.
Ich bin fest davon überzeugt, dass es vor allem drei Faktoren sind, die uns helfen können Angst und Abwehr zu überwinden und den Hass zurückzudrängen:
- Unmittelbare menschliche Begegnung, die hilft Menschen als Menschen wahrzunehmen;
- Praktisch erfolgreiche Integration, die zeigt, dass das Zusammenleben gut gelingen kann;
- Verantwortungsvolles Reden und Handeln der Entscheidungsträger, also eine Haltung, die Hassparolen widersteht und klare Kante zeigt.
Kommen alle drei Punkte zusammen, werden wir die Herausforderung der Integration meistern. Wenn aus Schutzsuchenden Neubürger und Nachbarn werden, werden wir alle daraus einen Gewinn erzielen.
Meine Damen und Herren,
Bürgerschaftliches Engagement für Integration ist der Schlüssel, um Herausforderungen zu meistern und gesellschaftlichen Zusammenhalt zu leben. Noch immer bin ich überwältigt von der spontanen wie auch organisierten Hilfsbereitschaft und Empathie, die bei der Erstaufnahme der Geflüchteten im letzten Jahr gezeigt wurde.Doch nicht nur mit Blick auf die Willkommens- auch mit Blick auf die Ankommenskultur bin ich beeindruckt von der Kraft und Energie der Zivilgesellschaft. Häufig ist die Zivilgesellschaft den Herausforderungen und auch Lösungen näher als staatliche Akteure. Über 31 Millionen Bürgerinnen und Bürger engagieren sich in Deutschland auf verschiedenste Art. Und dabei sind auch viele Zugewanderte.
Vereine und Verbände sind ein wichtiger Ort des Austauschs, um interkulturelle Vielfalt erlebbar zu machen. Auch wenn sich der im März gegründete Verein „Toleranz lernen und leben“ in eine Vereinslandschaft von mehr als 600.000 Vereinen einbettet, bin ich mir sicher: Sie werden nicht unter der Überschrift „Vereinsmeierei“ belächelt, sondern werden Ihr besonderes Engagement sichtbar machen. Dafür steht schon Ihre Vorsitzende ein.
Der Verein „Toleranz lernen und leben“ möchte sich einsetzen für Begegnungen zwischen Menschen mit und ohne Migrationsgeschichte, getreu dem Motto der diesjährigen Interkulturellen Woche: „Vielfalt. Das Beste gegen Einfalt“.
Für Sichtbarkeit und Freude wird die Vereinsvorsitzende sorgen: Seit vielen Jahren ist Juliana Luisa Gombe in der Flüchtlings- und Integrationsarbeit tätig. Für ihr langjähriges, konsequentes und völkerverbindendes Engagement wurde sie als Botschafterin für Demokratie und Toleranz sowie mit vielen Preisen wie die Goldene Henne und unserem bescheidenen Integrationspreis geehrt. Wer Juliana kennen darf oder auch nur Gelegenheit hat, sie zu erleben, weiß: Vielfalt schafft Lebensfreude!
Ich möchte Ihnen für Ihr Engagement danken und weiterhin alles Gute wünschen!
Grußworte zum TOLL- Eröffnungsfest am 22. September im Puppentheater Magdeburg